C. J. Cherryh: Inheritor

C. J. Cherryh: Inheritor
(DAW Books 1997, $ 6.99, 460 Seiten) 

Wie schon in meiner Besprechung zu "Foreigner" und "Invader" angekündigt, ist nun der dritte Teil als Taschenbuch erschienen - der erste übrigens auf Deutsch als "Fremdling" bei Heyne. Es ist zwar nirgends etwas angekündigt, aber ich schließe nicht aus, daß es weitere Fortsetzungen geben wird.
Der Titel "Erbe" ist wie schon der des zweiten Bandes nicht besonders treffend, denn strenggenommen passiert nichts im Zusammenhang mit einem Erbe oder Erben. Man muß die Handlung schon sehr weitgefaßt interpretieren, um einen solchen herzustellen.
Doch das stört nicht, ist man einmal in die Geschehnisse auf dem Planeten der Atevi zurückgekehrt, um Bren Camerons weitere Erlebnisse zu verfolgen. Auch dieses Buch erzählt in erster Linie wieder von den überaus komplizierten politischen Entwicklungen, bei denen der Botschafter Bren verzweifelt versucht, die Welt vor einem neuen Krieg zu bewahren. Das wird dadurch erschwert, daß die Regierung der menschlichen Enklave auf der Insel Mospheira, bzw. die extremen Kräfte dort, den Kontakt zu ihm völlig abgebrochen haben. Deanna Hanks, die Möchtegernbotschafterin aus dem zweiten Teil, versucht über Funk Zwietracht unter den ohnehin ruhelosen Atevi zu stiften, um deren Regierung, welche Bren unterstützt, zu Fall zu bringen. Das im Orbit wartende Raumschiff möchte gern, daß die Atevi möglichst schnell eine Raumfahrtindustrie aufbauen, um die Raumstation wieder zu bemannen. Den Astronauten ist es egal, wer auf der Station ist, solange sie das Schiff versorgen kann. Wie sich herausstellt, sind sie nämlich während ihrer jahrhundertelangen Reise auf etwas gestoßen, das sie zwingt, die Atevi so schnell wie möglich in den Weltraum zu holen.
Zu allen innen- und außenpolitischen Manövern und Intrigen kommt noch, daß Bren Cameron den vom Schiff geschickten zweiten Botschafter Jase ausbilden muß. Für diesen jungen Mann ist nicht nur die Sprache der Atevi neu, sondern buchstäblich seine gesamte Umwelt. Er war noch nie auf einem Planeten.
Langsam entwickelt Cherryh die Situation. Scheinbar unbedeutende Kleinigkeiten werden Schritt für Schritt zu bedeutsamen Ereignissen, die nicht immer das sind, was man vermuten könnte. Bren ist zu einem Verstehen der Atevi gelangt, das offenbar noch kein Botschafter vor ihm hatte. Trotzdem bleibt es sehr kompliziert für ihn, sich in den verschiedenartigen Beziehungen zurechtzufinden. Für ihn kommt es als Überraschung, daß gerade seine Beziehung zu dem Menschen Jase ihm die meisten Probleme bereitet. Er ist schon so weit im Denken der Atevi gefangen, daß seine offene Loslösung von Mospheira nur noch ein weiterer Aspekt ist.
Die Handlung ist wieder so detailliert, daß ich bisher eigentlich noch gar nichts verraten habe. Will ich auch nicht, denn man sollte sich diese Trilogie (bis jetzt) wirklich selbst durchlesen. Cherryh findet immer wieder einen Weg, um fremdartige soziale Formen und zwischenmenschliche Beziehungen so zu schildern, daß man sie mit Spannung liest. Was nicht heißt, daß es nicht auch etwas Action gibt. Die Kontroversen der verschiedenen Interessengruppen explodieren dann doch noch, wenn auch glücklicherweise nicht in einem Krieg zwischen Menschen und Atevi. Jedoch verläuft auch die Handlung des dritten Teiles ohne wilde Schlachten und ständige Schießereien. Das hat sie eben nicht nötig.

SX 87

 

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