Christopher Pike: The Listeners

Die Lauscher
Christopher Pike: The Listeners
(TOR Horror 1995, 328 Seiten, $ 5.99)

Das ist kein Buch über die Stasi oder einen anderen Geheimdienst. Als "Die Lauscher" bezeichnet Pike eine kleine Gruppe von Leuten, die unter Anleitung eines (verrückten?) Wissenschaftlers versuchen, Informationen aus früheren Leben oder so zu bekommen. Der Begriff geht auf ein Wort zurück, das der Stamm der Dogon in Afrika für ähnliche Aktivitäten hat - jedenfalls bei Pike.
Die Dogon sind jene geheimnisvollen Menschen, die angeblich ein besonderes Wissen über den Stern Sirius besitzen. Für einen primitiven Stamm in Afrika bemerkenswert genug, daß sich viele Publizisten und Wissenschaftler damit beschäftigten. Leider sind die Informationen über dieses angebliche Phänomen so undeutlich, daß man als Außenstehender nie sagen kann, ob es sich um die Wahrheit oder um Manipulation und Lüge handelt. Es wäre nicht das erste Mal, daß jemand "Forschungsergebnisse" vorlegt, die allesamt erlogen sind. Ich erwähne da nur Däniken...
Jedenfalls geht Pike davon aus, daß an der Sache etwas dran ist. Sein Wissenschaftler Prof. Spear beschäftigt sich seit einem Aufenthalt bei den Dogon mit etwas, das gemeinhin als Regressionstherapie bekannt ist. Dabei versucht man, in Trance oder unter Hypnose, in "frühere Leben" zurückzukehren. Spear glaubt allerdings nicht an frühere Leben und Reinkarnation, er meint, eine Art genetisches Gedächtnis der Menschheit anzapfen zu können. Der Prof. arbeitet nun nicht nur mit einzelnen Versuchspersonen, sondern er hat eine ganze Gruppe, die zusammen experimentiert. Und es ist, wie schon in Afrika, ein Zwillingspärchen dabei.
Da das erste Pärchen - zu dem seine Frau gehörte - in Afrika starb, bzw. verrückt wurde, interessiert sich das FBI für des Profs. Aktivität. Außerdem scheinen die "Lauscher", durch die etwas spricht, das sich als "Big Mind" (eine Art Überbewußtsein) bezeichnet, Geheimnisse der US-Regierung zu kennen, von denen sie einfach nicht wissen können. Also schickt der vor der Pensionierung stehende örtliche Special Agent Ned Calendar seinen Freund David Connor, der ebenfalls aussteigen will, zu einem letzten, ruhigen Fall in die Wälder, wo die Gruppe experimentiert. David hat bei zwei Entführungsfällen durch die Schuld anderer das Opfer nicht lebend retten können, das macht ihn so fertig, daß er aufhören will.
Als David in der Tarnung eines Journalisten im Wald ankommt, scheint alles sehr idyllisch, friedlich und normal zu sein. Aber bereits bei der ersten Sitzung, an der er teilnimmt, bemerkt der Leser einen Mißklang. Man hört von einer ägyptischen Isis-Priesterin, die zu einem dunklen Ritual gezwungen werden soll und sich nur durch das Herauskratzen ihrer eigenen Augen davor retten kann.
Im wirklichen Leben jedoch bleibt der Horror noch aus. David verliebt sich in Lucy, eine der Zwillinge. Sein Chef Ned recherchiert derweil die Vergangenheit Spears und entdeckt immer mehr Ungereimtheiten. Als er in der Irrenanstalt die verunglückte und scheinbar geisteskranke Frances aufsucht, ist der Horror auch in der Realität angekommen.
Denn Frances ist kein Mensch mehr. Sie ist zu einem reptiloiden Monster geworden, zum Vertreter einer Superrasse, die die Erde vor 60 Millionen Jahren beherrschte.
Kurz zusammengefaßt, bietet die Regression von Zwillingen die Möglichkeit, das Bewußtsein dieser intelligenten und äußerst gefährlichen Saurier anzuzapfen und in die Gegenwart zu holen. Leider liefert David den Zwillingen im Camp ungewollt den Schlüssel aus, und sie haben natürlich nichts besseres zu tun, als es gleich zu probieren.
Die Verwandlung setzt ein und es gibt die ersten Toten. Die erwachten Monster haben die Angewohnheit, die erstbesten Leute gleich mal bei lebendigem Leibe aufzufressen. Außerdem besitzen sie telekinetische Fähigkeiten, die sie fast unbesiegbar machen.
Pike hat kaum Splatterszenen dabei, die spürbare Bedrohung reicht schon aus, um den Horror zu erzeugen. Neben den von New Age inspirierten Teilen mit dem Überbewußtsein usw. ähnelt der Handlungsaufbau hauptsächlich einer Detektivstory. Auch als Folge der X-Akten könnte man sich das Buch sehr gut vorstellen. Aber auch SF-Elemente sind spürbar, denn Pike liefert gleich ein wenig Neurologie mit, um dem Leser die Zusammenhänge weniger esoterisch und mehr plausibel erscheinen zu lassen.
Also wiederum ein sehr interessantes und spannendes Buch. Christopher Pike scheint unbesehen eine Leseempfehlung wert zu sein. Man sollte also nach den auf Deutsch erschienenen Titeln Ausschau halten.

SX 87

 

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