David Weber: Path of the Fury
Die Wut im Kopf!
David Weber: Path of the Fury
(Baen Books 1992, 423 Seiten, $ 6.99)
Wie man sich bei diesem Autor denken kann, handelt
es sich bei Fury nicht um ein Pferdchen... Das Buch steht im Moment wohl
noch einzeln da, aber - wie man sich bei diesem Autor denken kann - das
muß ja nicht so bleiben. Es ist kein streng militärischer SF
Roman, sondern mehr eine klassische Space Opera, wenn auch die MSF-Züge
deutlich vorhanden sind.
Der Hintergrund ist ein Sternenimperium, das
sich nach irgendwelchen Kriegen gegen eine andere Rasse sowie Bürgerkriegen
aus den Trümmern der alten Ordnung gebildet hat, blablabla. Das ist
sowieso nicht wichtig, sondern Schnee von gestern. In diesem wohlgeordneten
Reich aus einigen tausend bewohnten Welten beginnen plötzlich Piraten
ihr Unwesen zu treiben. Jedenfalls bezeichnet man sie zunächst als
solche. Ihre Vorgehensweise ist aber sehr unpiratenhaft. Sie überfallen
ganze Welten, rauben alles, was sich wegschleppen läßt, und
bringen jeden um, den sie finden können! Sie begnügen sich nicht
mit der Beute, sondern metzeln alles nieder. Die Flotte kann die geheimnisvollen
Verbrecher nicht finden, da sie immer dort zuschlagen, wo gerade keiner
ist.
Das Buch beginnt mit einem solchen Überfall.
Nachdem eine ganze Familie ausgelöscht wurde, taucht plötzlich
aus dem Wald Alicia DeVries auf. Der Leser merkt schnell, daß mit
ihr etwas nicht stimmt, bzw. daß sie etwas besonderes ist. Sie hat
einen Computer im Kopf, verstärkte Reflexe usw. Und sie bringt alle
fünfundzwanzig Mann des Piratenkommandos der Reihe nach um.
Allerdings wird sie dabei auch tödlich verletzt.
Als sie im Sterben liegt, bekommt ihr Bewußtsein Kontakt zu etwas
sehr Eigenartigem, das wir im Prolog erwachen sahen.
Und das nächste, was wir sehen, ist, wie
Alicia Tage später gefunden wird, immer noch fast tödlich verletzt,
aber immer noch am Leben - eine Unmöglichkeit, die sofort den Geheimdienst
auf den Plan ruft. Daran mag auch Schuld sein, daß sich Alicia als
Ex-Kommando entpuppt, sie gehört dem sogenannten imperialen Kader
an. Daher das Gemetzel.
Was ist nun eigentlich passiert? Das Ding, mit
dem Alicia Kontakt hatte, und welches sich inzwischen in ihrem Kopf befindet,
ist eine Furie namens Tisiphone. Und zwar eine der drei Furien!
Wer es nicht weiß: Die Furien waren ursprünglich bei den Griechen
"die furchtbaren, zürnenden Rachegöttinnen, die Bestraferinnen
des Bösen, drei Schwestern, Alecto, Megära und Tisiphone, Kinder
des Acheron und der Nacht." (Illustriertes Lexikon der Mythologie). Wieso
Tisiphone existiert, wird nur angedeutet, sie erwähnt, sie sei geschaffen,
konstruiert worden. Und sie spricht von Zeus und den anderen wie von real
existierenden ... Wesen. Allein sie ist noch übrig von dem schrecklichen
Trio, aber das reicht schon, um Alicia zu retten. Sie verspricht ihr die
Rache und fordert dafür alles.
Ein technologisch superaufgemotztes Mitglied
der Kommandotruppen, das sich mit einem griechischen Dämon in seinem
Kopf unterhält, ist wohl schon irgendwie suspekt. Also will man Alicia
am liebsten unter Verschluß behalten.
Lange geht das natürlich nicht gut. Während
die "Piraten" immer üblere Massaker verüben, flüchtet Alicia/Tisiphone
dank der besonderen Fähigkeiten aller zwei, klaut ein Raumschiff und
verschwindet in den Weiten des Universums. Das Schiff, ein sogenanntes
Alpha-Synth, wird von einer KI (Künstlichen Intelligenz) gesteuert,
die eigentlich eine untrennbare Symbiose mit dem Piloten eingeht. Das klappt
aber nicht so ganz, worüber sich niemand beschwert, denn die Situation
entwickelt sich zur Zufriedenheit. Die dritte im Bunde ist nun also die
KI Megarea, und das Trio der Furien ist wieder im Spiel...
Auf verschiedenen Handlungsebenen wird im Laufe
der Zeit enthüllt, wer und was wirklich hinter den "Piraten" steckt
und wie die Untersuchungen des Geheimdienstes zum gleichen Schluß
führen wie die Nachforschungen Alecto-Alicias. Es ist gar nicht so
einfach Rache zu üben, wenn man den Gegner nicht finden kann. Aber
letzten Endes kommt es doch noch dazu.
Weber hat hier wiederum ein spannendes, aktionsreiches
Weltraumabenteuer geschrieben, mit Helden, ich meine, Heldinnen, die sehr
einprägsame Charaktere sind. Es ist nebenbei auch recht bemerkenswert,
daß er nicht auf seine schon existierenden Universen zurückgreift.
Selbst die Technik und Bewaffnung ist nur ähnlich, aber nicht dieselbe.
Der Raumflug findet überlichtschnell statt, wird aber jedesmal neu
anders erklärt. Das hätte Weber überhaupt nicht nötig,
aber es zeigt, was für eine kreative Phantasie der Mann hat. Allein
diese Furie! Unglaublich.
Obgleich Alicia nichts anderes zu tun scheint,
als dem Pfad ihrer Rache zu folgen, ihre Wut und ihren Haß solange
aufzuspeichern, bis sie sie benutzen kann, läßt Weber sie am
Ende nicht zum rasenden Berserker werden. Jedenfalls nicht bis in die letzte
Konsequenz. Die Frau droht zu zerbrechen, wahnsinnig zu werden, weil sie
die Macht Tisiphones angezapft hat. Schließlich macht auch die Furie
selbst eine entscheidende Wandlung durch, die es ihr ermöglicht, Alicia
im letzten Augenblick zu retten.
Ich möchte hier nicht über eventuelle
Aussagen des Buches spekulieren. Allerdings sollte man nicht glauben, daß
die Gewalt und die Rache nach dem biblischen Prinzip als einziges Mittel
dargestellt wird. So einfach macht es sich Weber nie.
SX 87
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