eluki bes shahar: Die Hellflower-Trilogie

eluki bes shahar: Die Hellflower-Trilogie

  • Hellflower
  • Darktraders
  • Archangel Blues
(DAW Books 1991, 1992, 1993)


‘Wer oder was ist eluki bes shahar?’ dachte ich, als ich in Dortmund auf dem Con die drei Bücher auf einem Tisch liegen sah, der nur Zyklen enthielt. Wie sich bei der Konsultation der Multimediaenzyklopädie der SF herausstellte, ist es eine Sie, eine 1956 in Birmingham, Alabama geborene amerikanische Autorin, die auch unter dem Namen Rosemary Edghill schreibt, und das ist das Pseudonym. Die Story "Casablanca" (1981), die in "Hydrospanner Zero" veröffentlicht wurde, ist 1991 mit anderen zu einem Teil ihres ersten SF-Romans geworden: "Hellflower". Nach der vorliegenden Trilogie hat sie 1994 als R. Edghill "Speak Daggers to Her" veröffentlicht, ein Mystery-Roman mit SF-Elementen.
Mein Interesse an der Autorin mit dem ungewöhnlichen Namen startete eine meiner bisher intensivsten Datensuchen im Internet, dabei stieß ich auf viel mehr Informationen, als die Enzyklopädie hergibt. (Es ist schon erstaunlich, was eine simple Anfrage nach "Hellflower" alles bringt. Auch Dinge, die man hier lieber nicht erwähnt...)
1987 begann sie ihre Karriere als Rosemary Edghill mit dem Roman "Turkish Delight", der als eine English Regency Romance bezeichnet wird.
In diesem Jahr kam z.B. ein X-Men-Roman mit dem Titel "Smoke and Mirrors" von shahar heraus. In Arbeit scheint "A Heart For Every Fate" (mit André Norton) zu sein, eine Alternate Historical Fantasy. Dazwischen liegen Stories in verschiednenen Magazinen und Anthologien. Eine komplette Liste ihres Werkes füllt 4 Seiten, also müssen wir uns hier ein wenig beschränken.
Hier noch ihre Fantasy-Werke: 1994: "The Sword of Maiden's Tears" (Twelve Treasures #1), 1995: "The Cup of Morning Shadows" (Twelve Treasures #2), 1997: "The Cloak of Night and Daggers" (Twelve Treasures #3).
Setzt man die vorliegende Trilogie als Maßstab, dann dürften eluki bes shahars andere Bücher ebenfalls eine Empfehlung wert sein.

Nun endlich zur Trilogie selbst.
Außer dem Umstand, daß es sich hier nur um drei normaldicke Bücher handelt, haben mich sicher auch die Titelbilder bewogen, die Bücher zu nehmen. Aber es handelt sich nicht um militärische SF, wie ich erst dachte, sondern doch mehr um die gewöhnliche Space Opera mit viel Action.
Andererseits ist auch viel Ungewöhnliches daran, genug für mich, um den Büchern einen längeren Beitrag zu widmen und mich mit der Autorin, wie oben angedeutet, ernsthaft zu befassen.
Zusammen mit Anthony Boucher, Anthony Burgess, William Golding, Robert Heinlein und George Orwell finden wir eluki bes shahars "Hellflower" in einer Übersicht über bemerkenswerte Werke, in denen ein zukünftiges Englisch gesprochen wird. Das Science Fiction Chronicle kommentiert den "interessanten erfundenen Slang", der dem Werk Farbe gibt. (Und es vermutlich unübersetzbar macht. Ha, mich würde es schon reizen, wenn man mich für ein Jahr dafür bezahlen täte...)
Diese Sprache war es auch, die mich von Anfang an fesselte und die ich nur schwer wieder aus meinem Kopf vertreiben kann. Die Autorin benutzt durchgehend einen futuristischen Slang, nicht nur in den Dialogen, sondern auch von der Erzählposition aus, die in der Ich-Form geschieht. Es ist vor allem für einen fremdsprachlichen Leser faszinierend, was man mit der englischen Sprache alles anstellen kann, ohne daß sie unverständlich wird.
Die Verwendung dieser Sprachstrukturen, denen man sich als Leser beinahe nur intuitiv nähern kann, ist absolut legitim und außerdem konsequent gemacht. Die Heldin ist eine Weltraumpilotin (Stardancer) und Schmugglerin (Darktrader) und stammt von einer Welt, auf der die Allgemeinbildung nicht gerade groß geschrieben wird. Also ist es doppelt logisch, wenn sie mit der Sprache etwas freizügig umgeht.
Damit wären wir auch schon bei unserer Heldin und der Frage, wieso das "feministische SF" ist. Nicht unbedingt, weil die Heldin weiblich ist. Ich hätte von mir aus die Trilogie auch nicht hier eingeordnet, aber Sylvia Kelso von der James Cook University tat es in ihrem interessanten Papier über das Verhältnis zu Technologie in der von Frauen geschriebenen SF (siehe den folgenden Artikel). Jedenfalls ist eluki bes shahar eine Frau, und ihre Heldin ist total emanzipiert usw. Irgendwie macht das die Bücher wohl zu feministischer SF. Aber keine Angst, das vergißt man über der Handlung sofort.
Butterflies-are-free Peace Sincere oder auch nur Butterfly St. Cyr heißt die Pilotin. Ein ausgefallener Name, der soviel bedeutet wie: Schmetterlinge-sind-frei Aufrichtiger Friede. Nun ja, und eine Heilige ist Butterfly wohl auch nicht unbedingt, bricht sie doch sämtliche Gesetze des Imperiums, das seinerseits auch mit ihr nicht gerade sanft umgeht. Allein der Umstand, daß sie sich außerhalb ihres unter Interdikt stehenden Planeten befindet, reicht aus, um sie sofort zu erschießen. Und daß sie eine KI aus der Zeit einer längst vergangenen Föderation besitzt, ist noch wesentlich schlimmer. Diese KI, bzw. Bibliothek (Library), wie man es hier nennt, namens Paladin steuert hauptsächlich ihr Schiff, bis, ja bis alles plötzlich ganz anders wird.
Auf einem Ding namens "Wanderweb" - ein Planet war das wohl nicht - rettet Butterfly einen jungen Mann vor einem Haufen Schläger. Der Fehler ihres Lebens, wie sie kurz darauf meint. Der Typ ist ein Hellflower, ein Angehöriger einer ziemlich isolierten und noch dazu sehr technophoben Rasse, die sich meist als Söldner im Universum betätigt. Die alMayne unterliegen außerdem einem so verworrenen Ehrenkodex, der ihre Handlungen zwingend bestimmt, daß alle anderen sie für verrückt halten.
Wenn der Leser jetzt schon ahnt, daß die Heldin sich in den jungen Mann verlieben wird usw., liegt er falsch. Zwar werden sie zwangsweise zu einer Art Partnern, aber sonst ist da nichts. Es spielt wohl auch eine Rolle, daß der Hellflower-Boy erst 14 Standardjahre alt ist, obwohl er äußerlich wie ein Erwachsener aussieht. Der Gute ist zu allem Übel noch ein Prinz auf seiner Welt, jedoch scheinen ihn alle umbringen zu wollen, die den beiden begegnen.
Ich verzichte freiwillig darauf, die Handlung der Trilogie hier noch weiter zu erläutern. Die ist so kompliziert verflochten, daß die Rätsel erst am Ende des dritten Teils gelöst werden.
Butterfly "infiziert" ihr Bewußtsein mit der Computermatrix einer feindlichen Bibliothek namens Archive, die daraufhin beginnt, den Geist der Frau langsam auszulöschen. Dabei gibt es eine Reihe von Ausflügen in bes shahars Variante des Cyberspace. So mit ihrem sicheren Ende konfrontiert, ist Butterfly aber in der Lage, ein paar für ihre Feinde überraschende Tricks durchzuziehen.
Im Laufe der Handlung kommt es zu verschiedenen Anschlägen auf das Leben der beiden Hauptfiguren, zu Revolte und Krieg, und schließlich wird der Hauptbösewicht entlarvt und getötet, das Imperium umgekrempelt und der Krieg auf ein rasches Ende zugeleitet...
Ach ja, und Butterfly muß natürlich nicht sterben. Wo kämen wir denn da hin!
Typischer Space Opera Stoff also, aber entscheidend ist, wie er erzählt wird. Sehr flüssig, fesselnd und immer wieder mit neuen Wendungen. Dazu kommt der flapsig-schnoddrige Ton der Ich-Erzählerin, der einfach Spaß macht.
Und dann ist da auch noch eine durchaus ernsthafte Fragestellung, die sich durch alle drei Bände zieht. Was ist menschlich? Die KI Paladin verhält sich meistens durchaus menschlich, gehört andererseits zu den (mit einer gewissen Berechtigung) verteufelten Maschinen, deren Vernichtung sich die al Mayne verschrieben haben. Butterfly ist selbst z.T. cyborgisiert, weil sie bei einem Gefecht den Arm verloren hat - übrigens eine auffällige Parallele zu David Webers Honor Harrington! (siehe SX 83) Außerdem nagt Archive an ihrem Geist. Wenn organische Synapsen und elektrische Schaltkreise so austauschbar sind, was ist dann der Unterschied? Mehr zu diesen Fragen in dem folgenden Artikel von Sylvia Kelso. Ich habe nämlich schon einen Tag später mit ihr Verbindung aufgenommen und auch die Zusage erhalten, daß ich den Text benutzen darf. Schön, nicht?

 SX 89

 

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