Pauline Ashwell: Unwillingly To Earth
Widerwillig zur Erde
Pauline Ashwell: Unwillingly To Earth
(Tor Books 1992, 280 Seiten, $ 3.99)
Endlich einmal wieder ein Buch, das nicht in düsteren
Farben von unterdrückten und gequälten Minderheiten berichtet,
von gierigen Weltraum-Corporations oder grausamen interstellaren Kriegen!
Es ist richtig entspannend, mal wieder etwas eher heiteres aus dem Bereich
der SF zu lesen, ein "optimistisches Abenteuer", wie es A. C. Crispin
ausdrückte. Damon Knight behauptete sogar, er habe dreißig
Jahre auf dieses Buch gewartet. Na ja, was eben so auf den Rückseiten
zitiert wird.
Die Protagonistin, Lizzie Lee, stammt von einem
Bergbauplaneten, dessen spärliche Bevölkerung es dank ihres Vaters
und Onkels geschafft hat, sogar Landwirtschaft zu betreiben, der Begriff
Trockenstaub-Ackerbau (drydust farming) sagt wohl alles darüber. Als
ihr Vater einen Arbeitsunfall hat, verwickelt sie sich in der Stadt in
eine merkwürdige Situation. Mädchen sind auf jener Welt wohl
so selten, daß selbst die härtesten Bergarbeiter ihre wildeste
Prügelei unterbrechen, wenn eins auftaucht - aus Rücksicht auf
die zarten Gefühle dieser fast unbekannten Wesen natürlich. Jedenfalls
nehmen die Kunden einer gewissen Kneipe Lizzie unter ihre Fittiche, nicht
ahnend, daß sie die Tochter des reichsten Farmers auf dem Planeten
ist. Das läßt ihr am Ende nur einen Ausweg offen, will sie ihre
neuen Freunde nicht völlig vor den Kopf stoßen: Sie nimmt das
Angebot eines durchreisenden Professors an, auf die Erde an eine Universität
zum Studium zu gehen.
Das Buch erzählt nun davon, wie Lizzie zunächst
widerwillig, dann aber mit zunehmendem Erfolg - hauptsächlich ihrer
Sturheit zuzuschreiben - das Studium des Kulturellen Ingenieurwesens (Cultural
Engineering) bewältigt. Dieses Fach beschäftigt sich nicht nur
mit Anthropologie oder so etwas, sondern mit der möglichen Einflußnahme
auf bestimmte (gefährliche) kulturelle Entwicklungen. Manipulation
von Menschen, meint Lizzie, aber es zeigt sich schließlich, daß
die Anwendung der Wissenschaft ihr nicht nur hilft, ein Verbrechen auf
dem Mond aufzuklären, in das sie zufällig verwickelt wird, sondern
auch andere Situationen zu meistern. Bei einem Praktikum gerät sie
mit anderen Studenten auf eine fast verlassene Welt nach dem ökologischen
Kollaps und in eine Art Geiselnahme- Situation, und schließlich muß
auf komplizierte Weise ein Weltkrieg auf einem weiteren Planeten verhindert
werden. Die Handlung steigert sich in jedem (Studien-) Abschnitt bis zu
einem lebensgefährlichen Einsatz am Ende.
Sicher liegt der Gedanke nahe, daß jemand
diese hypothetische Wissenschaft auch mißbrauchen könnte, aber
Ashwell vermeidet derartige Beispiele. Ihre Helden sind positive Gestalten,
mit idealistischen Zielen. Nicht einmal zur Erfüllung seiner Liebe
zu Lizzie benutzt der Professor sein Wissen, was das Happy End allerdings
nicht verhindern kann.
Lizzie ist keine Superheldin mit überdurchschnittlichen
Fähigkeiten, sie ist eigentlich ganz normal. Ihre Herkunft prägt
sie allerdings, und ihre eigene Starrsinnigkeit hilft ihr, das Studium
an dieser prestigeträchtigen Uni zu meistern. Das Buch vermittelt
auch einen Eindruck von der inneren Entwicklung, die Lizzie logischerweise
während dieser Zeit durchmacht. Nichts umwälzendes, aber es wird
doch deutlich genug, so daß ihre eigenen Reflexionen am Ende kaum
noch notwendig sind.
Sprachlich gesehen ist der Roman wieder einmal
recht interessant. Da die Autorin Lizzie ausschließlich als Ich-Erzählerin
agieren läßt, verwendet sie auch konsequent eine entsprechend
lockere Sprache, außerdem viel indirekte Rede, was für das Englische
ziemlich ungewöhnlich ist. Und schließlich betont sie bestimmte
Worte durch Großschreibung (der Anfangsbuchstaben). Das ist einigermaßen
überraschend, und man muß sich erst mal daran gewöhnen.
Ein Boris Vallejo - Bild auf dem Cover rundet
die Sache ab. Sehr schön, sehr entspannend - die richtige Lektüre
für einen Abend.
SX 91
Kommentare
Kommentar veröffentlichen