Alan Dean Foster: Schlangenaugen

Alan Dean Foster: Schlangenaugen
(Heyne 06/5670) 

Zunächst mal zu den leidigen Äußerlich- und Unstimmigkeiten. Der Verlag - oder besser gesagt, das Atelier Ingrid Schütz - hat Fosters Buch einen so schrecklichen Einband verpaßt, daß ich es im Bücherregal normalerweise nicht einmal anfassen würde. Das fürchterliche Bild dazu lieferte Andreas Reiner. (Wie kommt der Typ an das LSD?) Außerdem wird noch auf dem Cover behauptet, das Buch sei ein Roman, wobei es natürlich ein Erzählungsband ist. Und zwar "Who Needs Enemies" (Wer braucht schon Feinde) von 1984. Es gibt in der mir vorliegenden deutschen Ausgabe keine Story mit diesem Titel, wobei ich aber nicht glaube, daß man auch noch gekürzt hat. Wahrscheinlich nannte Foster seinen Konzeptband einfach so - es gibt ja auch einen anderen, der "With Friends Like These" (Meine Galaktischen Freunde, H 4049) heißt. Aber warum nennt der Verlag ihn anders? Meiner Ansicht nach ist der Originaltitel viel aussagekräftiger. "Schlangenaugen" zieht auch nicht deshalb mehr, weil es die Flinx-Story des Bandes ist, denn das weiß man als Leser nicht unbedingt vorher.
Auch der Klappentext erscheint eher fragwürdig. Das Buch vereint nicht unbedingt "die besten Erzählungen" Fosters, wenn es auch keine schlechten sind. Es ist kein "Best Of...", sondern eine Zusammenstellung nach einem bestimmten Konzept, das der Originaltitel genau umreißt. Aber den hat man ja fallengelassen...
Doch genug über den Einband, der eigentlich nur die Empfehlung verdient, abgerissen zu werden.
"Weihnachten auf dem Sumpfplaneten" (1976) ist ausdrücklich in der Tradition von Erik Frank Russels Brief-Stories der 50er Jahre geschrieben worden. (Foster stellte jeder Story eine kurze Bemerkung voran.) Ein Kolonieplanet wendet sich an die Heimat, um Rat und Hilfe gegen aufmüpfige Eingeborene zu bekommen. Erst als sich die achtjährige Tochter des Funkgerätes bemächtigt, um ihre Weihnachtswünsche loszuwerden, reagiert man, d.h. der Computer. Aber das dicke Ende kommt, wie es sich für so eine Short- Story gehört.
"Schlangenaugen" (1978) handelt von Pip und Flinx, und zwar kurz nachdem Pip ihre Jungen bekommen hat. Es ist eine Episode, in der die beiden einem Prospektor helfen, der in einer unzugänglichen Gegend Edelsteine fand und nun von Gangstern verfolgt wird. Nicht besonders wichtig, aber interessant. Vor allem, weil der Leser wieder etwas mehr über den Minidrach erfährt. Der wahre Homanx-Fan wird sich das Buch also schon wegen dieser Geschichte zulegen müssen.
"Der Beobachter"(1978) handelt von einem Raumfahrer, der eine Koloniewelt retten soll, aber selbst in tödliche Gefahr gerät. Er trifft eine rätselhafte außerirdische Rasse, die ihn aber auch nicht retten kann. Was ihn und die anderen dann rettet, ist schon eine Überraschung...
"Was treibt das einfache Volk?" (1979) gefiel mir vielleicht am wenigsten. Es geht um interaktives Fernsehen, was vor 20 Jahren ja vielleicht noch phantastisch war. Foster geht allerdings noch weiter und beschreibt eine Art Reality-TV, die schaudern macht. Die Schauspieler werden in den Filmen tatsächlich verstümmelt und getötet, wenn die Zuschauer es so entscheiden.
"Das Geschenk eines nutzlosen Mannes" (1979) wiederum beeindruckte mich möglicherweise am stärksten. Ein Kleinkrimineller stürzt bei seiner Flucht auf einem winzigen Planeten ab und bleibt gelähmt in der Gegend liegen. Als er sich schon mit dem Tod abgefunden hat, erscheinen telepathische Käfer. Er gibt ihnen, die sich in einer Art Jäger-und-Sammler-Stadium befinden, gewisse Anregungen, was dazu führt, daß sie in den folgenden Jahren eine richtige Zivilisation aufbauen (ihre Lebensspanne ist sehr kurz). Sie halten auch den Mann so lange am Leben, bis er schließlich aus Altersschwäche stirbt. Viel später entdecken irdische Raumfahrer diese Welt, und die Käfer zeigen ihnen ein 15 Meter hohes Monument, das sie für den Verstorbenen errichtet haben.
"Monströs" (1982) - übrigens eine schwache Übersetzung des Titels "Surfeit" - handelt vom Surfen. Und zwar auf einer Welt mit drei Monden, die aller paar Jahre Wellen hervorrufen, die man das Ungeheuer nennt. So über 35 Meter hoch. Foster hat selbst in Kalifornien gesurft, und man merkt, daß er weiß, wovon er schreibt. Bemerkenswert, wie er eine so banale sportliche Betätigung in ein SF-Gewand verpackt.
"Das letzte Rennen" (1982) handelt von einer anderen "Sportart", nämlich den (verbotenen) Straßenrennen mit hochgezüchteten Autos. Wer der Mann ist, der den Helden schließlich besiegt und ihm den Tod bringt, wird allerdings nur angedeutet. Der Teufel? Oder gar ein Außerirdischer?
"Die Stadt der Erwählten" (1983) ist eigentlich ein Dorf (village), aber warum denn eigentlich korrekt übersetzen? Es liegt irgendwo in der afrikanischen Wüste, und die Erwählten sind knallgrün. Ein Forscherehepaar hat nämlich wieder einmal den Hunger besiegt und die Leute in Chlorophyll-Mutanten verwandelt. Der Journalist, der das entdeckt, wird ebenfalls vergrünt und das war es dann auch schon. Diese Geschichte hat sehr viel verschenkt, fast ist sie nur eine Idee, die andere inzwischen viel weiter ausgeleuchtet haben.
Insgesamt eine gute Auswahl von Kurzgeschichten, die, wenn man genau hinschaut, alle irgendwie das Thema Feinde und Gegner thematisieren. Doppelt schade, daß man mit dem Drumherum so einen Fehlgriff getan hat.
Wenn Ihr wissen wollt, liebe Leute, wie gute Bücher aussehen, dann geht mal in eine Buchhandlung, die auch englischsprachige Titel anbietet. Schaut Euch einfach mal diese Bücher an. Aber vorsicht! Es könnte sein, daß Ihr eins kauft, obwohl Ihr gar kein Englisch sprecht!

Who Needs Enemies, © 1984 by Thranx, Inc., übersetzt von Susanne Walter 1997, 204 Seiten, DM 12.90
Ach ja, Susanne Walter. Die Frau ist so fernab der Materie, daß sie SF World Convention mit Konvent übersetzt.

SX 95

 

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