Gordon R. Dickson: Der Drache im Krieg

Gordon R. Dickson: Der Drache im Krieg
(Heyne 06/5905) 

Beim vierten Roman des "Drachenritter-Zyklus" hat mal wieder der Übersetzer gewechselt, möglicherweise aus Zeitgründen. Zum Glück sind diesmal nicht solche Diskrepanzen zu bemerken wie zwischen Teil 1 und 2.
Kaum zurück von seinem letzten Abenteuer an der schottischen Grenze, muß der Drachenritter Eckert erfahren, daß die Franzosen nicht von ihrem Plan einer Invasion Englands ablassen wollen. Das Rätsel, was sie so zuversichtlich macht, wird dann auch bald gelöst. Sie haben sich mit den Seeschlangen verbündet. Diese scheinen eine Rechnung mit den Drachen offen zu haben, weil einmal ein englischer Drache eine Seeschlange im Kampf getötet hat. Deshalb wollen auch sie England stürmen und die Drachen ausrotten. Kurzerhand versieht Dickson die Seeschlangen mit Beinen und der Fähigkeit, an Land gehen zu können.
Der Magier Carolinus, der die meiste Zeit über in diesem Band krank ist, vermutet hinter den Invasionsplänen eine noch stärkere, eventuell magische Macht. Weil die Dunklen Mächte schon in drei Teilen ihre finstere Rolle zu spielen hatten, klammert sie der Autor diesmal aus. Es soll ja nicht zu langweilig werden.
Die Macht im Hintergrund ist auch nötig, sonst wäre das Verhalten der Seeschlangen völlig irrsinnig zu nennen. Man kann sich nicht vorstellen, was sie bewegen sollte, plötzlich hundert Jahre oder so nach dem Vorfall mit dem Drachen gemeinsam Rache zu suchen. Das Verhalten der Franzosen dagegen ist vollkommen normal: Menschen sind nun mal absolut bescheuert und fangen Kriege an. Das hat uns die Geschichte ja hinlänglich bewiesen. Warum sollte sich Dickson dann auch ein besseres Szenario einfallen lassen?
Eckert hat wieder viel damit zu tun, die englischen und die französischen Drachen dazu zu bringen, sich alle zu einem bestimmten Zeitpunkt über seiner Burg zu versammeln, um den belagernden Seeschlangen Angst zu machen. Was er aber vor allem macht, sind so tollpatschige Fehler, daß man erleichtert ist, ihn aus dem Universitätsbetrieb genommen und ins 14. Jahrhundert einer Parallelwelt versetzt zu wissen. Was hätten sonst die Studenten zu leiden!
Die Oberseeschlange, die keineswegs die Macht im Hintergrund ist, will sich nicht so recht einschüchtern lassen, und so muß der Drachenritter wieder einmal kämpfen. Er kämpft als Drache, es hat keinerlei Bedeutung für diese entscheidende Auseinandersetzung, daß er ein Mensch von hier und heute ist, und er gewinnt natürlich.
Wie langweilig.
Dann taucht selbstverständlich noch die Macht im Hintergrund auf, indem sie sozusagen in den Vordergrund kommt, aber auch sie (für eventuelle Leser will ich wenigstens nicht verraten, wer das ist) wird besiegt, diesmal von Carolinus.
Das Buch ist, wie schon seine Vorgänger, voll mit pedantischen und verwirrenden Einzelheiten und Beschreibungen. Dickson kann sich kapitellang darüber auslassen, wie und warum Eckerts Beinschienen angebunden werden müssen, ohne daß das je eine Bedeutung hat. Er betont tausendmal, daß die Seeschlangen kein Süßwasser mögen, aber niemand versucht, sie auch nur in eine Pfütze zu schubsen!
Mir ist unbegreiflich, wie das Magazin "Omni" die Romane Dicksons zu den "Höhepunkten des Genres" rechnen kann. Vermutlich meinen die andere Romane oder einen anderen Dickson.
Der "Drachenritter-Zyklus" stellt sich mir als ein künstlich aufgeblähtes, mittelmäßiges Werk dar, in dem insgesamt auch beim vierten Teil kaum eine Entwicklung der Charaktere oder ein durchgehender - und sinnvoller - Handlungsfaden zu erkennen ist. Zudem erscheint die ständig zitierte Bedrohung Englands durch Frankreich als Hauptproblem der Romane phantasielos, wenn nicht chauvinistisch angehaucht. Ich kann mir wesentlich interessantere Fantasy-Welten vorstellen, die nicht versuchen, durch bemüht "authentische" Darstellung mittelalterlicher Lebensweise didaktisch zu sein.
Um auch einmal ein Fazit zu ziehen: Uninteressant. Ich werde nicht fortfahren, diese Bücher zu lesen.

The Dragon at War, © 1992 by Gordon R. Dickson, übersetzt von Michaela Link 1997, 510 Seiten, DM 16.90

SX 95

 

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