Terry Pratchett: Feet of Clay
Auf tönernen Füßen
Terry Pratchett: Feet of Clay
(Corgi Books 1996, 414 Seiten, £ 5.99)
Die Wache, bzw. Polizei von Ankh-Morpork ist eine weitere Gruppe von
Handlungsträgern, die einen garantierten Scheibenwelt-Spaß verspricht.
Wie schon in "Maskerade" hat Pratchett auch diesmal wieder einen Kriminalfall
als Thema gewählt, wobei er in diesem Buch allerdings von den Leuten
gelöst wird, die dafür prädestiniert sind.
Aber die Handlung dreht sich nicht nur um einen einfachen "Fall", der
zu lösen ist, sie ist viel verwickelter. Und man sollte schon die
Vorgeschichte der wichtigsten Personen kennen, die hauptsächlich in
"Guards! Guards!" und "Men at Arms" erzählt wird. Commander Vimes,
der Anführer der Wachen, ist nun Sir Samuel und mit der drachenzüchtenden
Lady Sybill verheiratet. Der überaus pedantische Carrot ist Captain
und mit der Werwölfin Angua liiert. Letztere ist sicher, daß
daraus nichts werden kann, sie bringt es am Ende aber doch nicht fertig,
die Stadt und Carrot zu verlassen...
Was geschieht nun? Zwei ältere Leute werden unter seltsamen Umständen
ermordet, und jemand versucht offenbar, den Patrizier Vetinari mit Arsen
zu vergiften. Aber wie oder warum, das weiß auch Vimes nicht. Außerdem
sind da noch die Golems der Stadt, die sich komisch benehmen. Dann ist
da noch die Angelegenheit mit dem König von Ankh-Morpork, den einige
Adlige gern wieder installiert hätten. Neben Carrot, dessen Anspruch
auf diese Würde ja schon früher angedeutet wurde, soll nun auch
der unsägliche Corporal Nobbs vom Adel abstammen. Die Verwicklungen
werden immer seltsamer.
Es ist unmöglich, mehr über den Inhalt dieses Romans zu schreiben,
ohne wesentliche Dinge aus der Handlung zu verraten, die gerade in dieser
Detektiv-Story die Spannung ausmachen. Deshalb werde ich es schön
bleiben lassen. Ich will ja nicht eines Tages einem Assassinen gegenüberstehen,
den mir wütende Pratchett-Fans geschickt haben.
Jedenfalls ist vieles ganz und gar nicht so, wie es zu sein scheint
oder man erwartet. Hat es den Anschein, daß das Arsen dem Lord Vetinari
wie in "Der Name der Rose" beigebracht wurde, so ist das ganz sicher falsch.
Pratchett findet natürlich noch einen anderen Weg, der genauso "teuflisch
clever" ist. Und als sich herausstellt, daß Nobbs doch nicht adliger
Abstammung ist, muß da ja noch ein Ding nachkommen...
Ich werde auch nichts aus dem Text zitieren, obwohl es unzählige
Stellen gäbe, die wieder einmal Pratchetts geniale Beherrschung der
Sprache belegen. Lest das selbst und hofft auf eine halbwegs adäquate
Übersetzung! Ich mußte jedenfalls wieder sehr oft laut lachen,
wenn auch die Späße zum Teil recht schwarzer Humor waren. Das
Buch wimmelt geradezu von einer Unmenge an kleinen Details, die jedes für
sich genommen so überraschend sind, daß man immer in Gefahr
ist, unverhoffte Lachkrämpfe zu bekommen.
Pratchett greift nebenbei - wie fast immer - auch reihenweise ernste
Gedanken und Probleme auf, bringt sie auf seine einzigartige Weise in eine
Form, in der man sie liest und die Wahrheiten manchmal wie einen Schlag
vor den Kopf begreift. Das kann Humor bewirken. Ob es um Rassen- oder Geschlechterdiskriminierung
geht oder um Ausbeutung oder andere Details, immer findet er einen Weg,
um uns die Scheibenwelt wie einen Spiegel vorzuhalten.
Das Buch ist übrigens jenes, welches Pratchett gerade schrieb,
als er beim LausitzCon als Gast anwesend war - und das meine ich wörtlich.
Er war damals, als man ihn fragte, was er denn in jeder freien Minute in
seinen Notebook hämmerte, nur bereit, zu erzählen, daß
es hauptsächlich um einen Golem ginge. Nun haben wir das Ergebnis.
Der Conbesuch hat ihn nicht davon abhalten können, einen weiteren
Geniestreich abzuliefern.
SX 92
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