Chrys Cymri: Dragons can only Rust & Dragon Reforged
Die gebürtige Kalifornierin Chrys Cymri Tremththanmor lebt heute
in Wiltshire, England. Sie arbeitet tagsüber in einer Bank und schreibt
nachts SF und Fantasy von der ich allerdings nur die beiden vorliegenden
Romane kenne.
"Drachen können nur rosten" und "Der Drache neu geschmiedet",
das ist sicher wieder mal humoristische Fantasy, dachte ich. Aber da irrte
ich mich. Ob es überhaupt Fantasy genannt werden kann, ist zweifelhaft.
Und ernsthaft sowie dramatisch geht es in den Büchern auch zu.
Die Erde in der fernen Zukunft: Ein globaler Zusammenbruch hat sie
beinahe vollständig unbewohnbar gemacht, die letzten Reste einer technischen
Zivilisation befinden sich in der abgeschirmten Zitadelle und ihren Domänen;
im Asteroidengürtel schuften sich die Miners für die Lords und
Ladies Bürger krumm. Außerhalb der Domänen gibt es nur
Wüste, ein paar vereinzelte Niederlassungen von nomadisierende Stämmen,
die fast schon auf Jäger und Sammler Niveau abgesunken sind, und ein
Kloster hoch in den Bergen. Von diesen Dingen wissen die Bürger in
der Zitadelle aber nichts.
Ein technologisches Genie, Lord Rumfus Max, baut für den Zeitvertreib
eines anderen Lords "Jagdgeschöpfe", denn Tiere gibt es in der Zitadelle
auch nicht mehr. Zu diesen robotischen Wesen aus Maxens Labor gehört
auch der Drache Gonard, der inzwischen ein eigenes Bewußtsein entwickelt
hat. Als ihn Max demontieren will, bringt er seinen Schöpfer um und
flieht.
Gonard trifft, als er reichlich verwirrt von all dem herumirrt, die
von den Asteroiden gerade hereingebeamte Itsa, die Bürgerin werden
will. Als der Rat ihn jedoch wegen des Mordes an Max zerstören will,
ohne ihm zuzugestehen, in Notwehr gehandelt zu haben (Roboter können
keine Seele haben), fliehen Gonard und Itsa zusammen mit einem weiteren
menschenähnlichen Androiden, dem MedTech, in die Wüste.
Die Reise beginnt und mit ihr die Suche nach Gonards Seele. Hat er
eine oder nicht? Es war wohl die Absicht seines Meisters, ihm eine Seele
zu geben, aber wie beweist man, daß man eine besitzt?
Für meinen Geschmack baut sich der Zweiteiler zu sehr um etwas
so ungreifbares wie die Seele auf. Vielleicht ist die Autorin ja religiös
und glaubt wirklich daran, daß es so etwas wie eine unsterbliche
Seele gibt, mir war es jedoch etwas zu dick. Der interessante Umstand,
daß ein Roboter wenn auch in Drachengestalt Bewußtsein besitzt,
wird kaum beachtet. Der MedTech hat zweifellos ebensoviel Bewußtsein,
aber ob er eine Seele haben könnte, wird nicht hinterfragt. Klar,
am Ende liefert die Autorin ihre Auffassung mit, nach welchen Kriterien
bestimmt werden sollte, ob jemand eine Seele besitzt... Mit der Suche nimmt
die Handlung ein paar Strukturen aus der Fantasy an, wobei natürlich
der Symbolgehalt beachtet werden muß. Gonard ist aufgrund seiner
Herkunft menschlich, seine Psyche ist in Aufruhr, er muß nicht seine
Seele finden, sondern sich selbst, seine Stellung im Verhältnis zu
anderen, denn Sinn seiner Existenz, wenn man so will. Nun, das sind alles
sehr menschliche, sehr literarische Probleme.
Für mich war der drachenhafte Hauptheld nicht unbedingt sympathisch.
Er ist starrsinnig, beharrt auf irgendwelchen nur dünn motivierten
Entscheidungen, auch wenn er dadurch seine Gefährten oder andere Menschen
in Gefahr bringt. Seine Fehler häufen sich bis zum tragischen Ende.
Nicht für ihn, er wird letzten Endes anerkannt und zum Lord Bürger
gemacht obwohl die zum Untergang verurteilten Domänen ihm nichts mehr
bedeuten. Aber Itsa kommt ums Leben, natürlich, denn eine Liebe zwischen
den beiden ist unvorstellbar. Schade um dieses Klischee. (Ich habe mir
die Lektüre auch noch verdorben, indem ich hinten blätterte und
herausfand, daß sie stirbt!) Ein Happy End hätte mir hier mehr
gefallen.
Die Abenteuer, welche das Trio während der Wanderung in der Endzeitwelt
erlebt, sind nicht allzu innovativ, es sind mehr oder weniger Stationen
auf dem Weg von Gonards Selbstfindung. Der intrigierende MedTech wird zum
Ende hin immer übler, aber Itsa und Gonard vertrauen ihm dennoch,
was nicht sehr plausibel erscheint.
Die wörtliche Rede in den beiden Romanen ist schwer lesbar, da
fast jeder irgendeinen schrecklichen Slang spricht. Ein Merkmal der Bücher,
das eher auf die Nerven geht, als daß man sich daran gewöhnt.
Die Autorin gibt zwar Technologie als Hintergrund für die Existenz
von Drachen an, aber sie ist nicht so konsequent, wie man das bei einem
SF Roman erwarten müßte. Viele Erscheinungen auf der verwüsteten
Erde bleiben ungeklärt, eben so, wie die dort lebenden Menschen sie
sehen. Da ist z.B. eine lebende (?) und intelligente Stadt aus Kristall,
welche einige ihrer Bewohner komplett psychisch übernimmt. Oder die
Winde, von denen ein Stoff angeweht wird, der dauerhaft wahnsinnig macht,
wenn man ihm ausgesetzt wird. Keine rechte SF also, aber so richtig Fantasy
ist das auch nicht.
SX 97
(TSR Books 1995)
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