David Gerrold: Die Reise der Jona
David Gerrold: Die Reise der Jona
(Bastei Lübbe 23177)
Auch ohne das Buch zu kennen, mit dem Gerrold nach Klappentextangaben
das Universum schuf, in welchem der vorliegende Roman handelt, ist dieser
spannend genug. Leider habe ich "Raumschiff der Verlorenen" nicht, aber
nach diesem Buch werde ich es sicher lesen, wenn ich darauf stoße.
Gerrold ist dem Fan von seiner Zusammenarbeit mit Larry Niven her ebenso
ein Begriff wie durch seine Beiträge zu Star Trek. Mit "Die Reise..."
zeigt er, daß er auch allein und unabhängig von vorgegebenen
Strukturen interessante Space Fiction schreiben kann.
Die Welten der Menschen in der Galaxis liegen in ständiger Konfrontation
mit den Morthans, die eigentlich auch Menschen sind, aber genetisch und
technisch hochgezüchtete "more than humans", mehr als Menschen. Mit
einer militärischen Aktion beabsichtigen die Menschen ihre Handelsrouten
zu sichern, aber das endet in einer Katastrophe. Die Flotte wird vernichtet,
weil der Gegner einem der Schiffe durch den Hyperraum zum Sammelpunkt folgte.
Die Besatzung jenes Schiffes, der LS 1187, konnte nichts dafür und
ironischerweise gelingt es ihnen sogar, beschädigt zu entkommen. Im
ersten Teil des Romans kann man verfolgen, wie der Erste Offizier Korie,
der das Kommando übernehmen mußte, und die Besatzung des Schiffes
die komplizierte Aufgaben lösen, sich vor dem Gegner zu verstecken
und möglichst unauffällig zu verschwinden.
Zu Hause werden sie allerdings mit Verachtung empfangen. Man gibt der
LS 1187 die Schuld, selbst wenn es technisch gar nicht möglich war,
das verfolgende feindliche Schiff zu orten. Die Politiker brauchen aber
einen Sündenbock.
Korie muß weiter als Erster Dienst tun, wird nicht als Kapitän
bestätigt. Nach Reparaturen schickt man das Schiff zu einer neuen
Mission hinaus, als entbehrliches Beiwerk einer Geheimoperation, wie sich
ganz am Schluß herausstellt. Aber das weiß die Besatzung nicht,
und auf der Suche nach der verlorenen Ehre wachsen alle über sich
hinaus.
Gerrold benutzt viele typische Elemente der militärischen SF in
diesem Buch: die Personen und ihr militärisches Umfeld, die Kriegshandlungen,
die Probleme von Führung und Befehl, Vertrauen und Lügen. Andererseits
legt er keinen Wert auf die Darstellung interstellarer Feldzüge und
Raumschlachten. Aber das muß ja nicht immer so wichtig sein bei MSF.
Vielleicht ist es eine Space Opera, vielleicht MSF oder gar beides die
Grenzen sind sowieso verschwommen.
Das Feindbild des Buches geht einmal von den Aliens weg, wenn auch
die Morthaner so sehr verändert sind, daß man sie kaum noch
menschlich nennen kann. Ihre Sünde ist nicht nur, daß sie nicht
auf die Evolution warten wollten und sich selbst umbauten, sondern sie
fressen auch noch Menschen! Ziemlich übertrieben, dieses Detail. Seltsamerweise
steht auf der Seite der Menschen auch ein Morthaner, und der ist nicht
einmal ein Überläufer. Also relativiert Gerrold hier die Aussage:
nicht die Rasse ist böse, sondern das System.
Das namenlose Schiff wird wegen seiner unrühmlichen Rolle am Anfang
für kurze Zeit als Jona bezeichnet, als Unglücksbringer. Aber
tatsächlich nennt man es ganz am Schluß nach dem harten neuen
Kapitän "Sternenwolf", und das ist dann auch der Originaltitel des
Buches.
Voyage of the Star Wolf, (c) 1990 by David Gerrold, übersetzt von Axel Merz 1996, 313 Seiten, DM 9.90
SX 98
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