Timothy Zahn: Conquerors' Pride
"Der Stolz der Eroberer" heißt das Buch, aber wer die Eroberer wirklich sind und worauf sie stolz sind, wird bis zum Schluß nicht so recht klar. Und was heißt Schluß? Die Handlung hört wieder einmal unverhofft auf und vertröstet mit einem Preview auf "Conquerors' Heritage".
Timothy Zahn ist uns natürlich kein Unbekannter.
Vor allem bei Star Wars machte er sich einen Namen, aber auch schon mit
seinen früheren Werken, wie z.B. "Die Blackcollar-Elite". In SX wurden
von ihm "Kriegspferd" (SX 34), "Zeitbombe" (SX 53) und "Astra" (SX 92)
besprochen.
Nun also ein "brillantes schöpferisches
neues Action-Epos", wie man auf dem ansonsten interessanten Titelbild von
Paul Youll lesen kann. Interessant deshalb, weil es doppelt vorhanden ist.
Außen ein irdisches Raumschiff und die Schrift, eine Seite weiter
dasselbe Raumschiff, aber anstelle der Schrift ein unförmiges außerirdisches
Raumschiff, das fröhlich herumballert.
So geschieht es also auch im Buch. Irgendwo am
Rande des von den Menschen dominierten Commenwealth sichtet man Spuren
unbekannter Schiffe, schickt Aufklärer hin, die versuchen Kontakt
aufzunehmen und werden aus dem Universum geblasen. Bis auf Commander Pheylan
Cavanagh, der von den Aliens gefangengenommen wird, gibt es keine Überlebenden.
Während man auf den besiedelten Welten der
Menschen und etlicher außerirdischer Rassen in Panik ausbricht, weil
vermutet wird, daß die legendären Conquerors, die "Eroberer
ohne Vernunft", wieder aufgetaucht sind, wird Pheylan eingesperrt, untersucht
und verhört. Für einen Militär erschien er mir dabei überraschend
redselig.
Sein Vater, der Lord Cavanagh, ein Ex-Parlamentarier
und Industrieller, sowie Bruder und Schwester vermuten bald, daß
er noch lebt. Was dann folgt, ist zwar Action und Thriller und Mystery,
aber sonst ziemlich unglaubhaft. Der Lord und seine beiden Vertrauten bzw.
Leibwächter organisieren sich in der allgemeinen Verwirrung der Kriegsvorbereitungen
ein paar Raumschiffe samt Besatzungen - Kriegsschiffe wohlgemerkt - und
starten zu einer privaten Rettungsmission. Dabei werden sie bald von politischen
Gegnern und anderen Außerirdischen verfolgt, wobei das Motiv letzterer
sehr undurchsichtig ist.
Eine wichtige Rolle dabei spielt eine Superwaffe
namens CIRCE, die den letzten vorhergehenden Krieg für die Menschen
entschied und nur durch ihre Drohung verhinderte, daß weitere Kriege
ausbrachen. Angesichts der Geschichte der Atomwaffen scheint auch das recht
unglaublich zu sein. CIRCE jedenfalls wurde angeblich demontiert und ihre
Teile auf verschiedenen Welten verstreut. Die bösen Aliens haben davon
erfahren, weil nicht nur Pheylan zuviel quatscht, sondern sie auch an Bord
eines gekaperten Schiffes einen illegalen privaten Computer entdeckten,
der natürlich alle Details enthielt.
Nun haben die Aliens mächtig Angst und setzen
alles daran, möglichst viele Menschenwelten zu erobern, nur um zu
verhindern, daß CIRCEs Teile alle wieder zusammengesetzt werden...
Der Knalleffekt an dem Ganzen ist - ich verrate
es hier einfach mal - daß es nie eine CIRCE gab. Der Sieg in jenem
Krieg ging auf eine Sonneneruption zurück, die den Gegner grillte,
und die menschlichen Militärs nutzten das aus, um eine bedrohliche
Legende zu schmieden. Die Eroberer sind nämlich die Menschen in den
Augen der von ihnen dominierten außerirdischen Rassen, und ihr Stolz
verhinderte es, daß sie zugaben, gar keine Superwaffe zu haben. Das
wird jetzt auf sie zurückfallen, wenn die Aliens sie unerbittlich
angreifen - glauben sie doch, um das nackte Überleben ihrer Rasse
zu kämpfen.
Auch der Grund, weshalb die Außerirdischen
am Anfang scheinbar ohne Provokation angreifen, ist durchsichtig, wenn
er auch nie explizit genannt wird. Sie sind gegen Radiowellen so empfindlich,
daß sie sie als Waffe betrachten! Leider scheint den Menschen in
der Zukunft jede Phantasie verlorengegangen zu sein, denn sie übersehen
das Offensichtliche ständig.
Leider hat sich Zahn also hier nichts geleistet,
worauf er stolz sein kann. Die Handlung entbehrt zwar nicht einer gewissen
Spannung, weil etliches sehr lange rätselhaft bleibt, aber sie ist
an vielen Punkten unlogisch und unglaubwürdig. Vor allem die scheinbar
typisch amerikanische Überbetonung der Familie wirkt deplaziert.
Für das "Erbe der Eroberer" werde ich also
kaum mein Geld ausgeben. Obwohl interessant wäre, wie er das nun zu
Ende bringt.
SX 96
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